Hilfe für Kinder psychisch kranker Eltern „Patronus“ erhält Swiss Life Förderpreis 2019    

Der zehnjährige Leon lebt zusammen mit seiner Mutter in der Grafschaft Bentheim. Die beiden sind ein gutes Team. Leon genießt es sehr, wenn sie zusammen Gesellschaftsspiele spielen. Aber es gibt immer wieder Tage, an denen Leon sich ganz allein fühlt, obwohl seine Mama da ist. Dann steht sie nicht wie sonst mit ihm auf und macht ihm Frühstück. Stattdessen liegt sie den ganzen Tag im Bett und sagt kein Wort. Leon geht hungrig in die Schule, ohne die dringende Unterschrift und das Geld für den Schulausflug. Bestimmt gibt es deshalb wieder Ärger mit seinem Klassenlehrer. Leon weiß, dass sich seine Schulkameraden über ihn lustig machen. Seine Kleidung ist dreckig. Er schämt sich und lässt den Kopf hängen. Nach der Schule würde er so gern mit den anderen Kindern spielen. Aber dann sehen sie das Chaos bei ihm zuhause und erzählen es überall herum. Immer noch hungrig kommt er nach Hause und kocht sich selbst Nudeln mit Ketchup. Das kocht er sich immer, wenn es Mama nicht gut geht. Wenn Nudeln da sind.

Was ist eine Depression und was macht sie mit meiner Mutter?

Kinder psychisch kranker Eltern sind häufig isoliert und ausgegrenzt

Leons Geschichte steht stellvertretend für drei Millionen Kinder in Deutschland, die von der psychischen Erkrankung mindestens eines Elternteils betroffen sind. „Viele Kinder psychisch kranker Eltern machen sich ständig Sorgen um diese, haben ein geringes Selbstbewusstsein, oder kämpfen mit Versagensängsten“, weiß Maike Elbert, Koordinatorin des Projektes „Patronus“ vom Deutschen Kinderschutzbund Grafschaft Bentheim. Die Belastung sei je nach persönlicher Situation des Kindes vielseitig und unterschiedlich hoch. 

„Patronus“ bietet Kindern psychisch kranker oder von einer Sucht betroffener Eltern eine Möglichkeit, sich mit anderen Kindern auszutauschen, Antworten auf ihre Fragen zu bekommen und sie zu entlasten. Über einen Zeitraum von sechs Monaten treffen sich die Kinder in einer festen Gruppe einmal in der Woche. Was ist eine Depression und was macht sie mit meiner Mutter? Warum hört Papa nicht einfach auf, Bier zu trinken? Diesen oder ähnlichen Fragen gehen die 8- bis 13-jährigen Kinder gemeinsam mit einer sozialpädagogischen Fachkraft und einer Psychologin nach. Spielerisch lernen sie, über Gefühle zu sprechen und erarbeiten Methoden, wie sie ihren Lebensalltag besser meistern können. Das Problem der Eltern können sie nicht lösen, obwohl sie sich manchmal schuldig fühlen. Manche Kinder versuchen, die Aufgaben ihrer Eltern zu übernehmen, wenn diese dazu nicht in der Lage sind. Andere Kinder schämen sich und bringen deshalb keine Freunde mit nach Hause. Durch den Austausch in der Gruppe erfahren sie, dass sie nicht alleine mit diesen Problemen sind und wie sie sich selbst helfen können. Kinder psychisch kranker Eltern stellen eine besondere Risikogruppe dar, da die kindliche Entwicklung durch die Erkrankung ihrer Eltern negativ beeinflusst werden kann und sie häufig in ihrem späteren Leben selbst an einer psychischen Erkrankung leiden oder einer Sucht verfallen.

Bei „Patronus“ lernen die Kinder über die Krankheit der Eltern und ihre Gefühle zu sprechen

Mit dem Swiss Life Förderpreis 2019 betroffene Kinder für die Zukunft stärken

„Patronus“ wurde 2019 als eines von fünf ausgewählten Projekten mit dem Swiss Life Förderpreis ausgezeichnet und wird mit 10.000 Euro Fördergeld unterstützt. „Mit dem Geld der Swiss Life Stiftung haben wir die Chance, „Patronus“ nachhaltig zu etablieren und können uns bei unserer Arbeit auf das Wesentliche konzentrieren: die Kinder und ihre Familien“, freut sich Elbert. Über die Arbeit mit den Kindern hinaus leistet „Patronus“ durch Netzwerkaufbau und Informationsveranstaltungen Aufklärungsarbeit und sensibilisiert Erwachsene in Behörden, Schulen, Jugendgruppen etc. für den Umgang dem Thema. Swiss Life Select Finanzberater Sileman Dar reichte das Projekt für den Förderpreis ein. „Als Finanzberater weiß ich, dass durchschnittlich jeder vierte Arbeitnehmer im Laufe seines Arbeitslebens von Berufsunfähigkeit betroffen ist – und davon wiederum ein großer Teil aufgrund psychischer Erkrankungen. Um das zu vermeiden, ist die präventive Arbeit von Projekten wie „Patronus“ besonders wichtig und förderungswürdig“, betont Dar. Die Kinder für die Zukunft zu stärken, das sieht auch Maike Elbert als oberstes Ziel des Projektes und hofft, „dass vielleicht genau diese Kinder später einmal nicht zu den 60 Prozent gehören, die durch die Erkrankung der Eltern selbst eine psychische Erkrankung erleiden“.

Trotz Corona und Kontaktverbot - die Arbeit von Patronus geht weiter

Damit die betroffenen Kinder und Familien in der aktuellen Corona-Krise nicht in die komplette Isolation geraten, ist die Unterstützung durch Patronus jetzt umso wichtiger. „Ich tausche mich stetig über E-Mails, WhatsApp und Telefonate mit den Familien aus“, berichtet Maike Elbert. So leite sie den Familien u.a. aktuelle Informationen über Hilfsangebote vor Ort weiter und verschicke Ideen für die Beschäftigung der Kinder. „Manchmal brauchen sie aber auch einfach nur jemanden, der ihre Situation kennt und versteht und ihnen zuhört“, so Elbert. Ihr sei wichtig, gerade in so einer Zeit für die Familien da zu sein und sie wissen zu lassen, dass sie sich jederzeit an sie wenden können. „Die Familien nehmen das gut an“, freut sie sich. Darüber hinaus erarbeitet Patronus gerade ein weiterführendes digitales Beratungskonzept, damit u.a. auch die Gruppentreffen zukünftig online stattfinden können.